DongXi
Holger Kalweit
Einführung
Wir gleichen Gefangenen in einer Höhle, die verbissenauf die nackte
Felswände starren, wo wir sich bewegenden Schatten wahrnehmen. Es
sind die Schatten von Gegenständen, die - für uns unsichtbar - hinter
unseren Rücken vorbei getragen und von einem großen Feuer außerhalb
unserer Gesichtskreise beleuchtet werden.
Wir
wenden
uns
nicht
um
und
ergründen
die
Ursachen
der
Schatten,
weshalb
wir
überzeugt
sind,
hier
eine
wirkliche
Welt
vor
uns
zu
haben
-
die Welt der Sinneswahrnehmungen.
Doch brächte einer der Gefangenen Kraft und Mut auf, sich umzudrehen
und stiege aus der Höhle hinaus, würde er die Gegenstände, die Ursache
der vagen Schattenrisse erkennen.
Verließe
er
schließlich
die
Höhle
ganz,
würde
er
-
nachdem
er
sich
die
schmerzenden
Augen
gerieben
hat
-
die
Sonne
schauen.
Kehrte
er
nach
dieser
überwältigten
Erkennnis
der
Natur
seiner
Schattenwalt
in
die
Höhle
zurück,
würde
wohl
niemand
der
dort
Lebenden
seiner
phantastischen
Geschichten
Glauben
schenke;
er
wäre
fortan
ein
Einsamer,
der
sich
beauftragt
fühlt,
seinen
Mitmenschen
aus
der
Verblendung
zu
führen
und
der ihnen das Schattenhafte ihrer Schattenwelt begreiflich machen will.
Aber,
fragen
wir,
kann
nicht
nur
der,
der
selbst
aus
der
Höhle
hinaus-
gekrochen ist, begreifen ?
Wer
ist
jener
Mensch
der
aufsteht,
sich
umdreht
und
geradewegs
hinausläuft
um
sich
den
Schattengestalten
zu
stellen?
Ist
es
etwas
der
Schamane
der
seine
Geister
herbeiruft,
der
Medizinmann,
der
im
geistigen
Sehen
durch
die
Menschen
hindurchschaut,
der
Magier,
der
die
Lüfte durchfliegt und seinen Körper halbtot unter sich zurückläßt ?
Diese berühmt gewordene erkenntnistheoretische Parabel stammt aus
Platons Politeia
Das
schamanische
Weltbild
überspringt
Z
EIT
UND
K
AUSALITÄT
,
verkürzt
Räume
tele-
pathisch und huldigt der Kommunikation mit allem Sein.
Es
sieht
den
E
INZELMENSCHEN
eingespannt
in
ein
universelles
magisches
Kraftfeld,
in
dem
schon
der
leiseste
Gedanke
das
gesamte
Universum
erschüttert,
das
gesprochene
Wort
den
Nachbarn
tötet
und
der
normale
Verstand
durch
ekstatische
Kommunion
mit
der Umwelt zunichte gamacht wird.
J
ene
Weltschau,
durch
die
der
Mensch
fähig
ist,mit
unsichtbaren
Energiemanifastitionen
oder
mittels
jenseitiger
Enitäten
die
irdische
Sphäre
des
Leiblichen
zu
beeinflussen,
ist,
so
glauben
viele,
zu
weit
von
der
Logik
unserers
abenländischen
Alltags
entfernt,
um
im
20. Jahrhundert noch der Beachtung wert zu sein.
Der
Anthropologe
ist
in
unserer
wissenschaftsgläubigen
Zeit
die
Aufgabe
zugefallen,
diese >>abartigen<< menschlichen Denkfiguren rational abzutun.
Die
>>perverse<<
auf
den
Kopf
gestellte
Physik
des
schamanischen
Universums
-
in
der
die
Z
EIT
DEHNBAR
,
DER
R
AUM
PLASTISCH
,
DIE
M
ATERIE
DURCHLÄSSIG
ist
und
die
bekannten
Energiemanifestationen
von
weiteren
unsichtbaren,
feinstofflichen
Kräften
überboten werden - fällt durch die Maschen unseres Erkenntnissystems hindurch.
Mit
diesem
Universum
in
Einklang
leben
jedoch
alle
Stammesgesellschaften,
und
auch
unsere
Vorfahren
sowie
alle
Kulturen
der
alten
und
neuen
Welt
huldigen
einst
einem
solchen Universum.
Die Welt der Schamanen
Traumzeit und
Innerer Raum